AM SONNENPLATZ
mit Martin Kitzberger & Wiktoria Pelzer

Sie erinnert sich an den aufregenden Moment, wenn sich die Hände beim ersten Kinodate im Dunkeln berühren. Er sagt, Schmusen im Kino sei überbewertet. Wiktoria und Martin mischen seit zwei Jahren die österreichische Kinolandschaft auf und WOLKENLOS darf sie mit Pressearbeit dabei begleiten.

 

Foto: Minitta Kandlbauer

 

Kinoflatrate von Holland nach Österreich gebracht

Die beiden haben 2023 etwas nach Österreich geholt, von dem viele dachten „Ob das bei uns funktioniert?“: das nonstop Kinoabo. Wiktoria Pelzer, Initiatorin des Kinoabos und Geschäftsführerin des Wiener Stadtkinos & des Admiral Kinos, hat die Flatrate für das Kino schon vor Jahren in den Niederlanden entdeckt. „Ich habe gedacht, ich träume, dass so etwas möglich ist!“, erinnert sie sich an den Moment, als sie erstmals vom dortigen Abomodell „Cineville“ hörte. - Eine Kooperation zwischen verschiedenen Arthouse-Kinos, die den Abonnent:innen eine große Bandbreite an teilnehmenden Kinos und Filmen ermöglicht:

 

„Die Cineville-Mitglieder in den Niederlanden waren nach den Lockdowns die ersten, die wieder ins Kino strömten. Seitdem hat mich der Wunsch, dieses Konzept auch in Österreich umzusetzen, nicht mehr losgelassen."

Wiktoria

 
 

Ganze zwei Jahre bereiteten sie und ihr Kollege, Martin Kitzberger – heute Geschäftsführer des nonstop Kinoabos – das Projekt für Österreich vor. Auch Martin lernte zu Studienzeiten in den Niederlanden das dortige Kino-Abomodell „Cineville“ kennen und lieben. Er erinnert sich an ganze Tage und Nächte alleine oder mit Freund:innen, tief versunken in die dortigen Kinostühle:

 

„Einmal habe ich ganze 24 Stunden in einem Kino verbracht, als ich bei einem 24-Stunden Kurzfilmmarathon war. Irgendwann zwischen Kurzfilm 123 und 124 bin ich dann eingeschlafen.“

 

Martin

 

Seit März 2023 wollen Wiktoria und Martin bei allen, die mit Kino aufwuchsen, aber dann irgendwann zu Streamingdiensten abwanderten, klassische Kino-Erinnerungen wecken: an erste Dates, die knutschend vor der großen Leinwand verbracht wurden, an Kinoabende mit Freund:innen, Popcornexzesse und hitzige Nachbesprechungen bei Bier und Wein oder an romantische Sommerkinos unter Sternen. Und vor allem wollen sie junges Publikum ins Kino locken und das Cineast:innen-Lebensgefühl unter jungen Menschen tief verankern.

 

Die ersten Kino-Erinnerungen

Ich frage Wiktoria nach ihren eigenen, ersten Kino-Erinnerungen und sie antwortet verlegen ehrlich:

 

„Ich habe immer ein bisschen Angst vor dieser Frage - ich habe nämlich keine Erinnerung an ein erstes großes Kino-Erlebnis! Ich bin eher ein Kind der VHS-Fernseh-Ära und habe mir z.B. „Mary Poppins“ und das „Letzte Einhorn“ bis zur absoluten Verzweiflung meiner Eltern reingezogen.“

Wiktoria

 
 

Ihre Eltern hätten sie als Kind eher ins Theater oder in die Oper geschleppt. Der Zauber und die Faszination mit dem Kinoraum sei bei ihr dann erst später gekommen. „Mit einer Freundin habe ich 2001 im Rahmen einer Uni-Aufgabe alle Filme von Kubrick gesichtet, bin dabei aber mindestens zehn Mal eingeschlafen“, lacht sie. Die schönsten Kinoerlebnisse verbindet sie heute mit dem Raum und den Menschen: So etwa bei Filmen wie FEMINISM WTF im vollen Gartenbaukino, wo es Zwischenapplaus von einer entfesselten, begeisterten Menge gab.

Martin kann sich noch gut an seinen ersten Kinofilm erinnern – „Das große Krabbeln“ von Pixar sei das gewesen:

 

„Ich fand mit 8 Jahren insbesondere das Popcorn toll. Und die riesige Leinwand!“

 

Martin

 

Zwei Filme, die ihn zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten ganz besonders geprägt haben, waren „Hedwig and the Angry Inch“ von John Cameron Mitchell und „Mommy“ von Xavier Dolan, weil sie ihm neue Perspektiven eröffnet hätten – auf Identität, Freiheit und die Möglichkeiten des Kinos. 

 

2. Geburtstag von nonstop: eine Erfolgsbilanz

 

Dass Wiktoria und Martin ihre eigene Filmbegeisterung mit dem nonstop Team ganz offensichtlich auf sehr viele Menschen in Österreich übertragen konnten, beweisen die Zahlen des nonstop Kinoabos: In wenigen Tagen feiert es seinen zweiten Geburtstag und vereint mittlerweile 10.000 Abonnentinnen unter seinem Dach. Sie alle haben seit dem Start von nonstop insgesamt 300.000 Mal das Kino besucht und sich über 4000 Filme reingezogen. Und auch das Hauptziel der beiden Initiator:innen – junge Menschen wieder für das Kino zu begeistern – ist aufgegangen: Das Durchschnittsalter der Abo-Besitzer:innen liegt bei 30 Jahren.

 

„Unsere Hoffnung war natürlich immer, dass nonstop sich gut und schnell herumspricht, aber wo wir 2025 stehen, übertrifft unsere Erwartungen!“

Wiktoria

 
 

Und Martin berichtet von den zahlreichen Zuschriften, die sein Team seit der nonstop Gründung erreichen:

 

„Jede Woche schreiben uns Leute, dass sie durch nonstop wieder regelmäßig ins Kino gehen und Filme sehen, die sie sonst verpasst hätten. Und zwei unserer Abonnent:innen haben sogar innerhalb von zwei Wochen alle teilnehmenden 26 Kinos in ganz Österreich besucht.“

Martin

 
 

nonstop ist seit seinem Start 2023 auch ein Vorbild für andere europäische Staaten. Das nonstop-Team stand den deutschen Kolleg:innen beratend zur Seite, als diese ihr Abomodell im vergangenen Jahr einführten. Auch Schweden startet heuer und sogar Holland – das 2009 als Erstes ein Kinoabo-Modell in Europa einführte – blickt ob des großen Erfolges hierzulande überrascht und stolz auf die österreichische Schwester und holt sich Marketing-Anregungen.

 

Weinen im Kino

Diese Bilanz ist doch ein Grund für Freudentränen, Wiktoria und Martin, oder? „Wann habt ihr eigentlich das letzte Mal im Kino geweint?“, frage ich nach. Beide geben unumwunden zu, dass das Kino der perfekte Ort sei, um seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Martin lacht und offenbart:

„Ich weine quasi bei fast jedem Film. Weil Weinen im Kino ist das Beste! Das letzte Mal als ich allein in „The Outrun“ von Nora Fingscheidt war, habe ich den gesamten Abspann durchgeweint. Das war Katharsis pur.“

Martin

 
 

Und auch Wiktoria hält sich in Sachen Weinen im Kino nicht zurück:

 

„Das kommt wirklich oft vor. Und ich liebe es! Auch ich habe das letzte Mal bei „The Outrun“ bei der Berlinale geweint. Ich hatte sogar nach dem Film in der U-Bahn noch Tränen in den Augen - hach.“

Wiktoria

 
 

Martins 5 Tipps, wenn du ein Projekt startest und alle um dich herum skeptisch sind

1) Trotzdem versuchen

2) Trotzdem scheitern

3) Trotzdem nochmal versuchen

4) Trotzdem weitermachen

5) Trotzen

nonstop Kinoabo

 
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