AM SONNENPLATZ
mit Carolina Reitmann


Als Kind war sie eine “schwierige Esserin”. Nichts schmeckte ihr, lediglich Süßes konnte sie hinterm Zaun hervorlocken. Damals dauernd auf ihr Essverhalten angesprochen, versteht sie, warum die Leichtigkeit im Umgang mit unserer Nahrungsaufnahme verloren geht. Heute ist es Carolina Reitmanns erklärtes Ziel, die Freude und den Spaß am Essen zurückzugeben. Mit WOLKENLOS arbeiten wir daran, das von ihr weiterentwickelte Konzept des “Intuitiven Essens” sichtbarer zu machen.

 

„Endlich hab‘ ich es verstanden, dass ich mich nicht dauernd wiegen brauche, weil ich messe meinen Puls ja auch nicht jeden Tag mehrmals.“

 

Klient:innen-Feedback wie dieses sind der Lohn für die Arbeit der Diätologin Carolina Reitmann, die seit einigen Jahren ziemlich gegen den Strom schwimmt. Die längste Zeit ihrer Berufstätigkeit war sie an einer Universitätsklinik angestellt und konnte irgendwann sich selbst und die eigenen Ernährungsempfehlungen an ihre großen und kleinen Patient:innen nicht mehr hören:

 

„Ich habe lange gespürt, wie ich im Krankenhaus aktiv war, dass ich eigentlich nicht das Richtige erzähle.”

 
 

Das Richtige – und das traut sie sich heute ohne Angst vor Unverständnis aus dem Kolleg:innenkreis laut sagen – wäre gewesen: „Vergesst alle Ernährungspläne und Vorgaben! Hört stattdessen lieber auf euren Körper, denn der sagt euch schon, was ihr braucht!“ Intuitives Essen heißt das Konzept, das Reitmann mittlerweile als Selbständige in Kursen, Vorträgen und Einzelberatungen mit vollster Überzeugung vertritt. Verbote gibt es hier keine, dafür einen enormen Gewinn an Lebenslust und Freiheit.

„Hört auf euch selbst“ bedeutet keineswegs, dass Reitmanns Klient:innen gänzlich sich selbst überlassen sind. Im Gegenteil: Die gemeinsame Arbeit setzt nicht bei Kalorientabellen und Lebensmittelpyramiden an, sondern bei Selbstwert, Emotionen und der eigenen Wahrnehmung von Essen. Denn die meisten von uns haben sich über die Jahre unbewusst oder bewusst eine unnatürliche Einstellung dem Essen gegenüber antrainiert.

 

Keine Verbote für Kinder

Wann und was wir essen, entspricht häufig bereits ab der Kindheit schon nicht mehr unseren ureigenen Instinkten:

 

„Kinder bekommen von uns Erwachsenen übergestülpt, was gesund/weniger gesund für sie ist. Sie entfernen sich damit von der eigenen Intuition und kommen in ein verkopftes Essverhalten.“

 
 

Um ein unkompliziertes Verhältnis dem Essen und dem eigenen Körper gegenüber zu entwickeln, wäre es gerade für Kinder laut Reitmann sehr wichtig, eigene Erfahrungen machen zu dürfen. Und ja, dazu gehöre auch, mal unbegrenzt bei Schokolade oder Chips zuzulangen. Kinder müssten spüren dürfen, wie es sich anfühlt, zu viel von etwas gegessen zu haben. So würden sie lernen, das nächste Mal andere Entscheidungen zu treffen und zu weniger oder gar anderen, hochwertigeren Lebensmitteln greifen. Verbote – und das kennen wir aus vielen anderen Lebensbereichen auch – haben meist den gegenteiligen Effekt und machen Junk-Food nur noch interessanter.

In einem Interview mit einer großen österreichischen Tageszeitung wiederholte die zweifache Mama (ihre Kids sind 4 und 5 Jahre alt) genau diese Aussagen zu intuitivem Essen bei Kindern. Prompt wurde sie per Leserbrief angefeindet, antiautoritäre Erziehung zu propagieren. Aber das sei nicht, was intuitives Essen meine, betont Reitmann. Vielmehr gehe es darum, das eigene Körperbewusstsein des Kindes zu stärken und ihm zu zeigen, dass es sich auf sich selbst verlassen kann und zu spüren, was guttut und was nicht.

 

„Wie viel Zucker ist da drinnen, wie viele Kohlenhydrate habe ich schon zu mir genommen? – Diese Fragen sind unnötig: Dein Körper sagt dir schon, was du brauchst – da gibt‘s kein externes Berechnungsprogramm dafür.“

 
 

Eigene Körperintelligenz wahrnehmen

Intuitives Essen bedeutet, zurück zu seiner Intuition und zur eigenen Körperintelligenz zu kommen. Wieder Hunger und Sättigung spüren zu lernen, zu erkennen, wann setze ich Essen unbewusst ein, um meine Emotionen zu regulieren. Bin ich etwa gerade wütend, traurig, gelangweilt oder gestresst oder belohne ich mich mit einem Happen zwischendurch? Hier geht es für Reitmann darum, gemeinsam Alternativen zu entwickeln, wie unangenehme Emotionen nicht über das Essen gelöst werden müssen. Letztlich hat Essen eine Hauptfunktion: dem Körper Energie und Nährstoffe liefern. Und trotzdem darf es auch Freude bereiten.

 

Vom Versagen und dem „Ausdiätet-Sein“

„Natürlich kommen viele zu mir, die eine Gewichtsreduktion wollen. Ich verstehe, dass das deren Ziel ist!”, sagt Reitmann. Dennoch: Ihr Ziel ist die Ursachenforschung und dann die Dinge wieder neu zu formieren, um die eigene Selbsthypnose und negative Gedankenspirale hinter sich zu lassen.

 

„Eine Frau wollte den jährlichen Kontrollbesuch beim Gynäkologen nicht mehr wahrnehmen, weil sie sich so für ihren Körper geschämt hat.”

 
 

Die meisten ihrer Klient:innen fühlten sich schlicht als Versager:innen, weil sie sich strenge Vorschriften auferlegen und diese dann oft nicht dauerhaft einhalten könnten, berichtet Reitmann. Viele der Menschen, die zu ihr kämen, seien „ausdiätet“. Darunter versteht die Diätologin über Jahre aufeinanderfolgende Diäten und deren Jojo-Effekte, sowie den Glauben, dass man dem eigenen Körper mittlerweile gar nicht mehr vertrauen könne, weil man bereits so oft gescheitert sei.

Warum wir so essen, wie wir essen

Warum wir so essen, wie wir essen, hat vielfach mit Erfahrungen und Emotionen aus der Vergangenheit zu tun. Diese sind im Unterbewusstsein abgespeichert. Reitmann unterstreicht, dass es immer einen Grund, einen Auslöser für ein schwieriges Essverhalten gibt: „Das hat nichts damit zu tun, dass ich als Klient:in alles falsch mache oder einen schwachen Charakter habe. Bitte nicht in die Bewertung gehen!“ Schuld und Schamgefühle würden die Abwärtsspirale nur verstärken und man könne dem eigenen Verhältnis zum Thema „Essen“ damit nicht auf den Grund gehen.

An diesem Punkt startet die Diätologin und ausgebildete Emotionstrainerin mit ihren Klient:innen eine Neuprogrammierung: Emotionen auflösen, die zum Essen triggern, mit Persönlichkeitsentwicklung den eigenen Selbstwert stärken, mit Achtsamkeitsübungen wieder zu einem guten Körpergefühl kommen. Denn egal, ob wir untergewichtig, normalgewichtig oder mehrgewichtig sind: Erst wenn wir den eigenen Körper annehmen, können wir wieder in die eigene Intuition kommen und spüren, was unser Körper jetzt gerade braucht. Und auch wenn es nicht das vordergründige Ziel der Diätologin ist: Mehrgewichtige Menschen, die ihren Körper wieder spüren, ernähren sich anders und verlieren dadurch tatsächlich an Gewicht.

 

„Ein Klient sagte so schön: „Dein Programm beginnt im Inneren und irgendwann zieht der Körper nach, weil es gar nicht mehr anders geht.“

 
 

Carolinas 5 Tipps zu Intuitivem Essen:

1) Pfeif auf gesund/ungesund: Iss, was dir wirklich guttut. Du sollst dich gestärkt fühlen!
2) Beweg dich – für dich und ohne Erwartungshaltung von außen. So lernst du deinen Körper wieder besser zu spüren.
3) Zieh dir nur Kleidung an, in der du dich wirklich wohlfühlst. Eine Nummer zu klein kaufen, das frustriert nur!
4) Stärke dich emotional: Nimm jeden Tag wahr, was alles Gutes in deinem Leben ist: worauf du stolz und wofür du dankbar bist!
5) Gönn dir ohne schlechtes Gewissen auch Genussmittel und nähre deine Seele (egal ob ein Glas Prosecco, Chips, Schokolade oder ein Eis)

Webseite Carolina Reitmann


 
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